Kritiken Wiener Periode (1917-1919)

Fundorte:
Österreichisches Staatsarchiv Wien: Haus-, Hof- und Staatsarchiv.
Österreichische Nationalbibliothek (ANNO: Historische österreichische Zeitungen und Zeitschriften).

Extrablatt, 14.10.1916

Hofoper. Frau Hedy Iracema-Brügelmann vom Stuttgarter Theater hat gestern in Meyerbeers verwüstlichen "Hugenotten" ihr Gastspiel als Valentine begonnen. Die jugendliche Erscheinung der Künstlerin gewann ihr sofort die Sympathien der Zuschauer, nicht sogleich der Zuhörer. Doch trat auch bei letzteren im Verlaufe des Abends ein Umschwung zu Gunsten des Gastes ein. Die Stimme der Künstlerin, ein großer, umfangreicher Sopran, reicht mühelos bis zur dreigestrichenen Oktave, allein die Höhe klingt manchmal ein wenig fadig, woduch ihr Glanz beeinträchtigt erscheint. Aehnlich ergeht es mit dem Mittelregister, das bisweilen an kehligem Ansatz leidet. Die Darstellung genügt, ohne gerade durch Temperament zu überwältigen. Im ganzen eine wenn auch respektable, so doch zwiespältige Leistung, die ein abschließendes Urteil über den Gast vorerst noch nicht gestattet. Am Hofe der Margarete von Valois ging es übrigens gestern nicht sehr würdig her, die Königin (Frau Elizza) und ihr Page (Frau Kiurina) ausgenommen. Sie beide wahrten allein noch den Stil, überboten förmlich einander an Virtuosität in Koloratur und Triller und fanden wiederholt verdienten Beifall auf offener Szene. Coligny und Médicis legten zwar ihren Haß ab, konnten sich aber den ganzen Abend lang über die Intonation nicht einigen. Herr Zee sang und sank. Sein Marcell entbehrt jeder Spur von Persönlichkeit, sein Baß macht trotz der Jugend des Sängers merkliche Rückschritte. Herr Fischer wäre kein übler Nevers, klänge nur die Stimme weniger spröde. Ein markloser St. Bris und der gestern auffallend farblose Raoul des Herrn Miller ergänzten die matte Darstellung.

p.st.

 

Fremdenblatt, 14.10.1916

Theater und Kunst

(Hofoperntheater.) Die schöne Frau Hedy Iracema-Brügelmann aus Stuttgart als Gast in der Hofoper! Der Stern des Ensembles im Schwabenlande als Engagementswerberin an der Donau! Valentine! Kein geringes Wagnis! Frau Iracema, wie ich höre, eine gebürtige Brasilianerin, hat eine deutsche künstlerische Erziehung gehabt. Ihr warmblütiges Temperament deutet aber noch auf subäquatoriale Heimat. So konnte sie in dem verhältnismäßig kleinen Raume des Stuttgarter Hoftheaters eine gefeierte Gesangsheroine werden und hat durch die Kreation der Mona Lisa im Vorjahre die Blicke der deutschen Musikwelt wohlgefällig auf sich gelenkt. Dieser Erfolg mag sie bestärkt haben, es auf der Wiener Bühne zu versuchen. Aber unsere Hofoper ist mehr als doppelt so geräumig als wie die Stätte, an der Frau Brügelmanns Ruhm erblühte. Ihre klare Mittellage drang nicht durch, ihre obere Höhenlage klang etwas lokomotivartig. Die Darstellung zeugte von verständigem Erfassen der Rolle, erschien aber durch eine begreifliche Befangenheit noch etwas unfrei. Wir wollen übrigens das zweite Debüt der schönen, hochgewachsenen Blume Brasiliens als Donna Anna abwarten, ehe wir unser endgültiges Urteil formulieren. Was wir in den "Hugenotten" hörten, war einstweilen bloß Skizze. Ein Teil des Publikums bedachte Frau Iracema-Brügelmann übrigens mit freundlichem Beifall, und in der Tat konnte sie sich im Rahmen dieser Besetzung recht wohl behaupten. Der Rataplanchor fiel aus. Weswegen, da ohnehin jetzt der ganze fünfte Akt einfach webgleibt? Sei's drum. Vielleicht bringen wir's noch fertig, daß zu den "Hugenotten" noch "Der Gaukler unserer lieben Frau" gegeben werden muß.

R.B.

Neues Wiener Tagblatt, 14.10.1916

Theater, Kunst und Literatur.

Hofoperntheater. Frau Brügelmann, die erste dramatische Sängerin der Stuttgarter Hofbühne, eröffnete gestern in Meyerbeers "Hugenotten" ein auf mehrere Abende berechnetes Gastspiel. Ihre Valentine stellte sie auch hier gleich auf den ersten Platz, und wenn sie diesen auch nicht vollständig ausfüllte, so hat sie ihn doch mit Ehren behauptet. Wir wollen es als ein günstiges Omen betrachten, daß die Künstlerin, als sie im dritten Akt zum großen Duett mit Marcel von der Kapelle herabstieg, die letzte Stufe verfehlte. Ihr Straucheln nahm ihr nur für einen Augenblick die Fassung und gab ihr dann um so festere Haltung. Kleine Intonationsschwankungen abgerechnet, die ihrer Befangenheit zuzuschreiben sind, sang sie ihren Part mit vollkommener Sicherheit. Sie entfaltete bedeutende Stimmmittel, und die Oekonomie ihres Gesanges will für dessen Dauer bürgen. Ihr das hohe C mit Leichtigkeit anschlagender und ohne Anstrengung aushaltender warmer Sopran stimmt mit ihrer Persönlichkeit überein und verrät individuelle Züge. Ein maßvolles, fast stilisiertes Spiel unterstützt ihren musikalischen Vortrag. So erweckte Frau Brügelmann den vorteilhaften Eindruck, daß sie nur der richtigen Führung bedürfe, um den letzten entscheidenden Schritt dorthin zu tun, wo es kein Straucheln mehr gibt.

M.K.

Die Zeit, 14.10.1916

mg Hofoper.

Frau Iracema-Brügelmann vom Stuttgarter Hoftheater hat gestern als Valentine in den "Hugenotten" mit Erfolg ein Gastspiel eröffnet. Man hat in dem Gast eine distinguierte Künstlerin kennengelernt. Erscheinung und Spiel haben etwas Vornehmes, Sympathisches, das Gesicht mit den weichen, runden Linien, der feinen Nase und dem schmollenden Mund darf man wohl schön nennen. Kultiviert, wie die ganze Erscheinung, ist der Gesang, der selbst im Forte und in den höchsten Lagen durch die gleichmäßige Bildung einer weichen Frauenstimme erfreut. Die stärksten durchschlagenden Wirkungen, auf die Meyerbeer allerdings rechnet, sind der Stimme, die eher lyrischen Reiz hat und auch durch ein feines Piano um Sympathien wirbt, versagt; wie allen Meistern der Theatermache, ist Meyerbeer die krasseste Wirkung gerade die beste, der Gesang soll flammen und zünden, während die Künstlerin die Valentine mit einem angenehmen, milden Licht umgibt. Im jetzigen "Hugenotten"-Ensemble überwiegt die anständige Mittelmäßigkeit, den Sängern der größten Rollen - Herr Zec als Marcell, Herr Haydter als Saint-Bris, Herr Fischer als Nevers - fehlen die pompösen Stimmen, und nichts ist ein einer Luxusoper langweiliger als die tüchtige Korrektheit von Sängern zweiten Ranges. Als Raoul trägt Herr Miller im Gesang reichlich dick auf, aber er ist in Meyerbeer-Opern wenigstens in seinem Element; die Koloraturarien der Königin singt Frau Elizza mit ihrer sicheren Technik, die schon altmeisterlich zu nennen ist; am willkommensten war uns wie dem Publikum die frische Singfreudigkeit der Frau Kiurina, deren Koloraturen an das fröhliche Tirilieren eines Waldvogels erinnern. Auch in mäßiger Aufführung haben die "Hugenotten" im dichtbesetzten Opernhaus gewohnte Wirkung gemacht, denn wie es ein Theater der großen Ideen und geistigen Werte gibt, so gibt es auch ein Theater, das nichts anderes sein will als handgreifliches Theater, und welcher große Musiker wäre hier mehr zu Hause als Meyerbeer?

 

Neue Freie Presse, 15.10.1916

Hofoperntheater. Frau Iracema-Brügelmann aus Stuttgart sang heute die Valentine und wird demnächst die Donna Anna singen. Das ist ein mutiges Bekenntnis zu jenem "hochdramatischen" Fach älteren Opernstils, das Stimme, Stimme und wieder Stimme, ein beträchtlich Maß von Gesangskunst und die Fähigkeit leidenschaftlichen Ausdruckes voraussetzt. Die Stuttgarter Valentine bringt manches mit, wenngleich lange nicht alles, was die Wiener Tradition von einer Wiener Valentine fordert. Das Organ der Künstlerin bietet sein Schönstes in den e, f, fis der Mittellage; das sind füllige, sattimbrierte, ergiebige Töne, die mühelos den dramatischen Akzent ausstatten. Gleiche Frische, Freiheit und Schwungkraft ist der hohen Lage nicht gegönnt; das hohe C klingt, todesmutig gestürmt, recht schrill. Pianofärbungen bieten der Künstlerin keine sichere Aushilfe; sie sind der schwächste Besitz ihrer Technik. Sonst fehlt es der stattlichen, sympathischen Frau nicht an dramatischem Naturell, an dem Vermögen, sich an den Affekt hinzugeben. Sie ringt noch mit Darstellung und gesangsdramatischem Ausdruck, hat aber Augenblicke überraschenden Sieges. Das Publikum kam ihr freundlich entgegen und lohnte schon das immer seltener gewordene Wagnis eines Valentinen-Gastspieles. Das Unvorhergesehene eines solchen Gastspieles, einer "Hugenotten"-Vorstellung überhaupt, äußerte sich vielleicht auch in der sonstigen matten Aufführung. (...)

 

Wiener Abendpost 6, 16.10.1916

Hofoperntheater. Am Samstag gastierte Frau Hedy Iracema-Brügelmann vom kön. Hoftheater in Stuttgart als Valentine in den "Hugenotten". Das Bedürfnis unserer Zeit nach den alten Gesten der "großen Oper" ist gerade kein sehr großes, um so schöner war der Erfolg der Künstlerin, da es ihr gelang, mit ihrer Valentine die Apathie des Publikums zu überwinden. Ihr ist die Gabe wahrhafter Bühnendarstellung verliehen, und es ist ein Vergnügen, wahrzunehmen, wie aus der steifleinernen Gewandung, womit der Opernstil diese Partie umgibt, allmählich etwas Lebendiges frei wird, die Hülle abschüttelt und ungestört von hemmender Konvention eine Gestalt erstehen läßt, die sich in ergreifender, überzeugender Weise mitteilt. Man sah, wie aus einer Opernpuppe ein Mensch wurde, und das Schauspiel dieser Verwandlung ist es ja, was das Spiel zur Kunst macht. Der darstellerischen Vornehmheit entspricht die fein kultivierte Gesangsweise der Künstlerin. Ihr Sopran, auf ein dunkelgefärbtes Fundament gestützt, erhält in der Höhe leuchtende Helle; die dramatische Kraft wieder wechselt ab mit einem Piano von lyrischer Weichheit. Die Valentine der Frau Iracema blieb das Ereignis dieser Aufführung. Alles übrige vollzog sich interesselos, geschäftsmäßig, eine Opernamtshandlung. Kr.

 

Wiener Zeitung, 18.10.1916

Hofoperntheater. Als Donna Anna bestärkte Frau Iracema-Brügelmann den guten Eindruck ihrer Valentine. Sie vermied alle Übertriebenheiten in den gesungenen oder gespielten Akzenten, wußte im Ausdruck schmerzlicher, pathetischer Gefühle ein edles Maß zu halten und fand so den Weg zu einer Darstellung der Donna Anna, welche in der ehrlichen Wiedergabe der Empfindungen einer gekränkten, empörten, trauernden Weiblichkeit ihr Genügen findet und nicht nach der überdimensionierten Gebärde irgend eines großen Stiles die Hand ausstreckt. Die Mozart-Kantilene, zumal die der F-dur-Arie, gab ihr Gelegenheit, die schönen, warmen Tönungen ihrer Stimme voll zu entfalten. Das Wohltuende an ihrer Art zu singen ist die Natürlichkeit, die Selbstverständlichkeit der seelischen und der technischen Vorgänge dabei; die Rolle wird ihr niemals zum Vorwande, mit einer stolzen Lösung gesanglicher Schwierigkeiten, schauspielerischer Probleme zu prunken. Kr.

 

Arbeiterzeitung, 19.10.1919

Hofoper. Das Auftreten eines Gastes sollte der Hofoper Anlaß bieten, an eine "Don Juan"-Aufführung die notwendigen Proben zu wenden. In Wahrheit lebt die ganze Vorstellung von Erinnerungen: selbst das, was noch gut ist, wirkt wie aus einer immer mehr verblassenden Ferne. Das Orchester spielt aus eigenem Antrieb noch immer mit sinnlichem Klangreiz, wie es Mozart erfordert; doch da kommt der Dirigent, Herr Reichwein, und gibt Tempi an, weiter nichts, so daß die Spieler bald ohne, bald gegen den Dirigenten sich durchsetzen müßten. Nebstbei bemerkt ist ein Gast auch gar nicht verpflichtet, die Tempi des Dirigenten nach einer flüchtigen Verständigungsprobe zu kennen oder gar bis aufs äußerste anzuerkennen. Es ist nicht übler Wille, wenn Donna Anna nicht immer folgt, sondern andere Gewohnheit und vor allem die Befangenheit des ersten Auftretens auf fremdem Boden. Frau Iracema-Brügelmann aus Stuttgart bringt für diese ungemein schwierige Rolle eine wenn auch nicht übermäßig üppige, so doch hübsche, angenehme Stimme mit, eine geschmackvolle Technik, die sich namentlich im Vortrag der letzten Arie bewährte, und einen leidenschaftlichen Gesangswillen, von dem merkwürdigerweise die Unfreiheit des Spieles noch sehr absticht. Doch dies kann sich mit der Zeit bessern. Was nicht erst Gabe der Zukunft sein kann, die große Persönlichkeit, die wird man allerdings an dieser Donna Anna vergeblich suchen. Allein wie viel Sängerinnen haben das überhaupt? Klug und bescheiden verwendet, könnte der Gast unserer Hofoper auch dauernd nützlich werden. (...) D.B.

 

Neue Freie Presse, 31.10.1916
Musikgastspiele deutscher Städte.

Erster Abend: Stuttgart.

Der heutige Abend im großen Musikvereinssaale brachte unter dem Titel "Musikgastspiele deutscher Städte in Wien" scheinbar eine formale Neuerung auf dem Gebiet der Programmgestaltung, in Wirklichkeit ein schönes Konzert unter Mitwirkung hervorragender Künstler. (...) Auch darf das heutige erste "Musikgastspiel" nur sehr unter Vorbehalt als Vorführung eines charakteristischen Abrisses aus dem Stuttgarter Musikleben verstanden werden. Von den Mitwirkenden ist Max v. Schillings Rheinländer, lebt und wirkt aber wenigstens, wie auch die Brasilianerin Iracema-Brügelmann, seit Jahren in Stuttgart. (...) Wärmster Beifall dankte den Künstlern (= dem Wendling-Quartett), dankte auch Frau Hedy Iracema-Brügelmann für den hingebungsvollen Vortrag einiger die Eigenart des "Mona Lisa"-Komponisten nicht verleugnender Gesänge, von denen das dramatische  Wirkung suchende "Aus dem Takt" zur Wiederholung verlangt wurde. Schillings, der am Klavier begleitete, wurde herzlich willkommen geheißen. (...) Kammersängerin Hedy Iracema-Brügelmann sang die große Arie der Leonore aus "Fidelio" und drei Lieder mit Orchesterbegleitung von Richard Strauß. Von ihrem kürzlichen Gastspiel an der Hofoper erinnert man sich dieser Sängerin, erinnert sich ihrer Vorzüge und auch einiger Mängel der Stimmbildung und Vortragsmanier, die aber heute im Konzertsaale weniger ins Gewicht fielen. Man freute sich des frischen, unverbrauchten, auch unbedenklicher Ueberspannung standhaltenden Organs und des temperamentvollen Mitempfindens, auch wo dieses ein wenig theatralisch in Szene gesetzt wurde. So war es kein Zufall, daß gerade "Cäcilie" von Strauß lebhaft zur Wiederholung verlangt wurde.

 

Der Humorist, 20.9.1917

K. k. Hofopern- und kgl. württemberg'sche Kammersängerin.

Der Glaube an die Wiederkehr des einstigen Glanzes unseres k. k. Hofoperntheaters stützt sich auf die Beobachtung, daß die derzeitige Direktion mit Erfolg bestrebt ist, jeden in die Erscheinung tretenden Gesangsstern für unser hervorragendes Kunstinstitut zu fixieren. Eine der bedeutendsten Erwerbungen Direktor Gregors erblicken wir darin, daß es ihm gelungen ist, die kgl. württembergsche Kammersängerin Frau Hedy Iracema-Brügelmann von dieser Spielzeit ab auf mehrere Jahre verpflichtet zu haben. Wie alle überragenden Talente hat auch diese Künstlerin ihren Entdecker, und keinen Geringeren, als den Stuttgarter Generalmusikdirektor Max v. Schillings, der gelegentlich eines dortigen Liederabends die Sängerin auf dem Klavier begleitete, ihren Wert erkennend, sie für die Bühne gewann. Am Hoftheater in Stuttgart begann sie ihre Tätigkeit als Bühnensängerin und entwickelte sich dort zur Primadonna im wahrsten Sinne des Wortes, denn Publikum und Kritik waren einig im Urteil, daß Frau Iracema-Brügelmann in Ansehung ihrer gesamten Eigenschaften als eine allererste Künstlerin anzusprechen sei. Brasilianerin von Geburt, hat ihr die Natur die faszinierende rassige Schönheit der Südamerikanerin, die klassischen Linien einer wahrhaft majestätischen Erscheinung verliehen und in ihre Kehle den Goldschatz einer herrlichen, der höchsten Entwicklung fähigen Stimme gelegt. Diese Vorzüge vereinigen sich noch mit einer vom edelsten Innenleben ausstrahlenden seelenvollen dramatischen Darstellung jeder ihrer Rollen. Wie Frau Iracema-Brügelmann in Stuttgart eine an Kultus grenzende Verehrung genoß, so wird sie auch in dem ebenso warmblütigen musikalischen Wien dem gleichen Empfinden begegnen. Schon nach den wenigen Proben, die sie bei ihrem Gastspiele hier gab, herrschte nur eine Stimme in der Oeffentlichkeit über den Seltenheitswert einer solchen Künstlerin, die uns die intimsten Offenbarungen des Musikzaubers vermitteln wird. - Herrn Direktor Gregor sind wir dafür dankverpflichtet, daß er der Wiener Hofoper das Engagement dieser hervorragenden Sangeskünstlerin (durch Vermittlung des Geh. Kommissionsrates Frankfurter) bewirkte.

 

Fremdenblatt, 24.11.1917
(...) Die von Herrn Oberregisseur Wymetal glänzend inszenierte Neuheit (Ferdinand und Luise) gab der Hofoper Gelegenheit, all ihren vornehmen Prunk zu entfalten. (...) Der musikalische Teil lag in den bewährten Händen Kapellmeister Schalks. Das Orchester natürlich wundervoll. Die Solisten mit Ausnahmen. Als Luise schuf Frl. Lehmann eine ihrer rührendsten Gestalten. (...) Ihr stand in Frau Iracema-Brügelmann eine imposante Milford von imponierender, strahlender Weiblichkeit gegenüber. Leider nicht sehr deutlich im Gesang und auch in stimmlicher Hinsicht der äußeren Erscheinung nicht ebenbürtig. (...)
R. Batka

 

Volkszeitung, 24.11.1917

Ferdinand und Luise.
Vier Akte nach Schillers "Kabale und Liebe", von August Koppits, Musik von Julius Zaiczek-Blankenau. Erste Aufführung im Hofoperntheater. (...) Frau Iracema-Brügelmann suchte der wenig einnehmenden, auch musikalisch nicht begünstigten Partie der Milford die repräsentative Seite abzugewinnen, was ihr gelang.

 

Das Interessante Blatt, 29.11.1917
(...) Frau Brügelmann (Lady Milford) vortrefflich in den dramatischen Akzenten. (...)

 

Der Humorist, 1.12.1917

(...) Als Lady Milford stellte Frau Iracema-Brügelmann eine prächtig konstrastierende Gegenfigur (zu Frl. Lehmann süß und innig als Luise), vornehm in Gesang und Haltung. (...) V.S.

 

Neue Freie Presse, 6.2.1918
Im vorigen Monate gelangten im Haag und in Amsterdam vom Stuttgarter Hoftheaterensemble Max Schillings Oper "Mona Lisa" mit der Wiener Hofopernsängerin Iracema-Brügelmann und dem schwedischen Hofopernsänger John Forsell in den Hauptrollen zur Aufführung. Nach einem Bericht der "Frankfurter Zeitung" gelang der Versuch, ein in Holland noch gänzlich unbekanntes Werk einzuführen, in einem nicht zu erwartenden Maße. Den Sängern wie dem Komponisten wurden große Ovationen gebracht. Das Werk und seine Darstellung wurden von dem holländischen Publikum und der Presse außerordentlich gewürdigt.

 

Der Humorist, 10.4.1918
Im Johann–Strauß-Theater (...). Die am 6.d.M. nachmittags stattgehabte Aufführung der "Fledermaus", zugunsten des Invalidenfonds des unter dem Ehrenschutze des Erzherzogs Max stehenden Oesterreichischen Touringklubs, nahm einen glänzenden Verlauf und wurden die in den Hauptrollen mitwirkenden Kunstkräfte mit stürmischem Beifall und vielen Blumenspenden bedacht. Die k. k. Hofopern- und königlich württembergische Kammersängerin Frau Iracema-Brügelmann war darstellerisch eine sehr interessante, stimmlich eine wirklich bedeutende Rosalinde. Sie erfreute die Zuhörerschaft mit ihrer kräftigen, wohlklingenden und vorzüglich kultivierten Stimme, die sie mit erlesenem Geschmack zu behandeln versteht. (...)

 

Neues Wiener Journal, 1.6.1918
Hofoper. Frau Paula Windheuser, die als lyrische Sängerin vor zwei Jahren die Wiener Hofoper verlassen hat, ist als überraschend stimmgewaltige Hochdramatische wieder zurückgekehrt. (...) Diese Brünhilde stellt dem Mannheimer Dirigenten, unter dessen Leitung Frau Windheuser den Uebergang ins hochdramatische Fach vollzogen hat, das beste Zeugnis aus. Es muß schon ein guter Musiker sein, der künstlerisch so trefflich zu führen und zu raten verstand. - Leider kann keiner unserer Dirigenten ähnliche Erfolge aufweisen. Im Gegenteil. Frau Brügelmann zum Beispiel, die als verläßliche Künstlerin vor Jahresfrist an die Wiener Hofoper gekommen ist, stellt jetzt eine Gutrune dar, wie sie in Stuttgart kaum geduldet worden wäre. Den Siegried gab Herr Leuer, und auch dieser begabte Sänger hätte dringend eines Ratgebers bedurft. Es fehlt allen diesen strebsamen und talentierten Sängern in Wien jetzt der überlegene Künstler, der den Blick auf die großen Ziele, die Arbeit in die richtigen Wege lenken könnte. E.B.

 

Fremdenblatt, 24.6.1918
Frau Hedy Iracema-Brügelmann sang an einem, vom rührigen Wagner-Vereine veranstalteten außerordentlichen Abend, begleitet vom Wiener Konzertverein unter seinem hervorragenden Dirigenten Ferdinand Löwe, ausschließlich Lieder von Hugo Wolf und bereitete damit ihrem begeisterten Publikum einen selten reinen Genus. Die allerschönsten Blüten aus Wolfs so reichem Strauße von Liedern waren gewählt worden und die originellen feingewählten Texte - größtenteils von Mörike - welche der immer noch nicht genügend geschätzte Komponist so restlos sein eigen zu machen verstand, daß man sie sich kaum mehr ohne die bezaubernde Musik vorstellen kann, wurden von Frau Iracema-Brügelmann so verständnisvoll, bald innig, bald schalkhaft gebracht, das des Entzückens kein Ende war und das Publikum die anmutige Künstlerin am liebsten gar nicht mehr vom Podium gelassen hätte. Ihre in künstlerischer Vollendung ausgeglichene, weiche und ungemein tragfähige Stimme eignet sich so recht zur Wiedergabe dieser reizvollen Lieder, welche dem Sänger große Schwierigkeiten bieten, die aber für Frau Brügelmann kaum vorhanden zu sein scheinen, so echt künstlerisch einfach versteht sie vorzutragen.

 

Neues 8Uhr-Blatt, 11.10.1918

"Salome" in der Hofoper.

Montag findet in der Hofoper eine ebenso interessante als bedeutungsvolle Premiere statt: "Salome" von Richard Strauß. (...) Sämtliche Rollen der Oper sind dreifach besetzt. Die "Salome" wird von den Damen Jeritza, Gutheil-Schoder und Brügelmann abwechselnd gesungen werden. Interessant ist, das alle drei Künstlerinnen den berühmten Tanz mit den sieben Schleiern selbst ausführen. In den meisten Theatern löst im gegebenen Moment eine hinter einer Verkleidung bereitstehende Tänzerin die Sängerin zur Ausführung des Tanzes ab. Der Grund dieses Vorganges liegt nicht nur darin, daß viele Sängerinnen entweder nicht tanzen können oder wollen, sondern, daß die wenigsten unter ihnen physisch in der Lage sind, nach einem einige Minuten währenden Tanz die gesanglich ungemein anstrengende Schlußszene zu bewältigen. (...)